Veranstaltung: | 3. Landesmitgliederversammlung am 13. und 14.11. |
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Tagesordnungspunkt: | 1. Leitantrag |
Antragsteller*in: | Landesvorstand (dort beschlossen am: 06.11.2021) |
Status: | Angenommen |
Eingereicht: | 06.11.2021, 19:04 |
L1: Linke Perspektiven für Sachsen-Anhalt
Antragstext
Sachsen-Anhalt und Deutschland haben sich im letzten halben Jahr politisch neu
aufgestellt. Während auf Bundesebene linke Politik gestärkt, die notwendigen und
wichtigen linken Mehrheiten aber deutlich verfehlt wurden, war das Ergebnis der
Landtagswahl eine klare Enttäuschung für die gesellschaftliche Linke.
Nur Bündnis 90/Die Grünen konnten leichte, aber unter den Erwartungen liegende
Zugewinne einfahren. DIE LINKE und die SPD haben beide mit herben Verlusten zu
kämpfen. Die neue Landesregierung besteht nun aus einer klaren konservativen,
marktradikalen und teilweise rechtsoffenen Koalition, die nur wenig für
Fortschritt, Gerechtigkeit oder Klimaschutz tun kann und will.
Und gleichzeitig ist noch immer eine faschistische, rechtsextreme Partei ein
fester und starker Bestandteil der politischen Landschaft. Leider auch mit Blick
auf das Wahlverhalten jüngerer Menschen.
Als GRÜNE JUGEND Sachsen-Anhalt wollen wir für einen Aufbruch zu streiten. Wir
wollen für eine starke gesellschaftliche Linke kämpfen, als deren Teil wir uns
verstehen, und dabei Fragen der Gerechtigkeit in den Fokus stellen. Insbesondere
jungen Menschen müssen wir dabei unsere Vision eines offenen, progressiven,
feministischen und nachhaltigen – also kurz lebenswerten – Sachsen-Anhalts
näherbringen.
Unsere Schwerpunkte sehen wir dafür im Schmieden von breiten Bündnissen. Nur
gemeinsam mit vielen anderen Akteur*innen kann in Sachsen-Anhalt tatsächlich
eine gesellschaftliche Kraft aufgebaut werden, die letzendlich einen echten
Wechsel in der Politik ermöglicht. Für uns heißt das insbesondere verstärkt auf
Gewerkschaften/Gewerkschaftsjugenden, Parteijugenden (vorallem Linksjugend
['solid] und Jusos), Jugendorganisationen, antifaschistische Bündnisse,
Organisationen der Klimagerechtigkeitsbewegung und ähnliche Bündnisse zuzugehen
oder gemeinsam neue Bündnisse aufzubauen.
Weitere Schwerpunkte sind und bleiben die Bildungsarbeit sowie eine
programmatische Weiterentwicklung mit dem Fokus auf Themen der sozialen
Gerechtigkeit. Wir wollen unsere Ideen noch lauter in Partei und Gesellschaft
tragen und gleichzeitig die Stimmen vieler anderer stärken.
Schluss mit Konserservatismus und Marktgläubigkeit - neue linke Erzählungen
entwickeln
Auch die Bundestagswahl hat gezeigt, dass gerade vielen jungen Menschen die
massive systematische Ungleichheit und Unterdrückung durch die kapitalistische
Logik nicht bewusst sind. Eben diese sind Ursprung vieler Ungerechtigkeiten und
Krisen. Egal ob beim Klima, bei der Ausbildung oder bei der
Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum: Fast immer ist die Ausrichtung auf
Profite das Problem. Dass fast alle etablierten Parteien diese Unterdrückung
reproduzieren und kein Interesse an positiven Veränderungen für die Breite der
Gesellschaft haben, sondern im Interesse einer reichen Minderheit agieren,
scheinen viele Personen leider nicht zu durchschauen. Wir wollen leicht
verständlich aufzeigen, dass der Kapitalismus allen schadet, und gerechte
politische Lösungen anbieten. Und das niedrigschwellg und zugänglich, um alle
Menschen in ihrem Alltag zu erreichen.
Bildung als Schlüssel für die Zukunft
Gerade in strukturschwachen und ländlichen Räumen ist politische Bildung
innerhalb der Jugend ein leider sehr rares Gut.
Einer Jugend, die ihre eigene Stimme nicht finden kann, wird es schwerfallen,
für ihre eigenen Ideen einzustehen. Und gleichzeitig fällt es so rechtsextremen
Populist*innen sehr viel leichter, junge Menschen für sich zu gewinnen.
Wir fordern daher ein Demokratiestärkungsgesetz, das insbeondere Initiativen für
die politische Bildung junger Menschen unterstützt. Eine demokratische Bildung
muss zentral in die Schulorganisation und einen verstärkten
Sozialkundeunterricht integriert werden. Zudem wollen wir selbst vermehrt
Bildungsarbeit leisten, um jungen Menschen das Wissen und die Möglichkeiten zu
geben, selbst ihren Weg zu politischem Aktivismus zu finden.
Entscheidend sind aber auch hier die Bündnisse: viele lokale und ehrenamtlich
getragene Initativen arbeiten vor Ort an wichtigen Projekten. Jugendparlamente,
die Organisation von Vorträgen oder Austauschrunden und die allgemeine Förderung
ehrenamtlicher Arbeit sind nur ein kleiner Ausschnitt aus dem bunten Reigen
kreativer Ideen. Die Förderung und Professionalisierung von solchen Projekten
muss ein neuer Schwerpunkt werden. Und auch wir wollen stärker mit solchen
Organisationen zuammenarbeiten, auf ihre Resourcen zurückgreifen und sie in
ihrer Arbeit unterstützen.
Linke Jugendkultur stärken
Rechtsoffener, radikalisierter Konservatismus im Innenminsterium bedeutet oft
auch die aktive Bekämpfung linker (Jugend-)Kultur.
Linke Kultur und Freizeitangebote werden schnell kriminalisiert, berechtigter
Protest und Aktivismus werden verspottet und mit unverhältnismäßiger Härte
verfolgt. Das ist für viele politisch Aktive in Sachsen-Anhalt leider Alltag.
Gleichzeitig werden rechte und rechtsextreme Versammlungen und Organisationen
mit Samthandschuhen angefasst.
Das muss endlich aufhören! Das stetige sich-Berufen auf die Hufeisentheorie, die
fahrlässig Antifaschismus mit menschenfeindlichen Ideologien gleichsetzt, muss
enden.
Wir sind stets solidarisch mit linken Kulturprojekten. Insbesondere dann, wenn
sie wie wieder einmal in rechten Shitstorms gefangen oder dank
antifaschistischer Arbeit in den Fokus fragwürder Politiker*innen rücken.
Zudem ist für die Stärkung einer linken Jugendkultur die öffentliche
Sichtbarkeit unabdingbar. Demonstrationen sind auch weiterhin ein zentrales
Element unserer Arbeit, an denen wir nicht nur teilnehmen, sondern die wir auch
organisatorisch unterstützen wollen. Ein verstärkter Fokus muss auf das
Auftreten im Internet gesetzt werden. Gute Politik muss Menschen eben da
abholen, wo sie sind.
Raus aus der Blase - Perspektiven für ländliche Räume
Für ein Flächenland wie Sachsen-Anhalt gehört zu der ehrlichen Analyse der
Wahlen auch ein kritischer Blick auf linke Politik in ländlichen Regionen.
Gerade hier fühlen sich junge Menschen nicht mitgenommen. Und das aus gutem
Grund: Die Schulen schließen, Ausbildungsangebote fehlen, der Bus fährt nicht,
das Krankenhaus macht zu und der Twitch-Stream ruckelt. Und Kulturangebote sowie
Orte zum Cornern fehlen ohnehin.
Eigentlich der perfekte Ansatzpunkt für linke Politik. Offensichtlich wird
aktuell ganz klar die Logik des Profits über gleichwertige Lebensverhältnise
gestellt - Krankenhäuser und Schulen schließen, weil dem Land angeblich das Geld
fehlt. Glasfaser gibt es nicht, weil sich das für Telekom und co. nicht lohnt.
Und Jugendräume fehlen, weil das zu teuer wäre und junge Menschen ja ohnehin
wegziehen (finde den Fehler!).
Das wiederum machen sich alte wie neue Rechte zu Nutze, indem sie die ländlichen
Räume besiedeln und dort mit ihren Ideologien auf wenig bis keine Gegenwehr
stoßen.
Um dem entgegen zu treten, fordern wir eine deutlich bessere finanzielle
Ausstattung der Kommunen. Zudem braucht es umfangreiche staatliche Investitionen
in die öffentliche Daseinsvorsorge. Grundlegende Bedürfnisse wie
Gesundheitversorgung, Internetanschluss, Schulbildung oder klimaverträgliche
Mobilität dürfen nicht an Profiten ausgerichtet sein und müssen für alle –
unabhängig vom Geldbeutel der Eltern! – zugänglich sein. Dafür brauchen wir eine
neue Finanzpolitik, die die Schuldenbremse ablöst. Wir müssen jetzt in die
Zukunft investieren, sonst hinterlassen wir den kommenden Generationen
unbegleichbare strukturelle Schulden.
Faschismus raus aus den Strukturen!
Sachsen-Anhalt hat ein strukturelles Problem mit Rechtsextremismus, auch
innerhalb der eigenen Institutionen. Angefangen bei manchen dörflichen
Feuerwehren zieht sich dieser über Polizei und Verfassungschutz bis hin zu
Ministerien und den Landtag selbst.
An dem Fall Oury Jalloh kann unter dem Brennglas beobachtet werden, wie die
Landesregierung nicht nur daran scheitert, Rechtsextremismus zu bekämpfen, sie
versagt auch darin ihn aufzuklären, aus solchen Skandalen Schlüsse für die
Zukunft zu ziehen und präventiv zu handeln.
Dies sind keine Einzelfälle. Wir fordern eine umfassende Studie zu
Rechtsextremismus, Racial Profiling und Diskriminierung innerhalb der
landeseigenen Institutionen und insbesondere innerhalb der Polizei. Außerdem
braucht es eine echte Aufklärung rechtsextremer Vorfälle. Im Fall Oury Jalloh
muss es dafür einen Untersuchungsausschuss geben. Zudem muss der
Verfassungsschutz aufgelöst und durch vollständig erneuerte Strukturen ersetzt
werden.
Unabhängig davon muss für linke Bündnisse ein klarer, unmissverständlicher
antifaschistischer Grundkonsens gelten, dem wir uns selbstverständlich auch als
Grüne Jugend stets verpflichtet fühlen.
Für all diese Punkte wollen wir kämpfen. In Bündnissen gestalten wir eine
bessere und solidarischere Politik. Für ein gerechtes, klimafreundliches,
offenes und lebenswertes Sachsen-Anhalt!
Ein Glossar wird in Kürze ergänzt.
Begründung
Erfolgt mündlich.
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